Wenn es etwas gibt, was Charles Roulin hasst, dann ist es die «Spekulation mit meinen Kreationen», wie er sagt. In seinem winzigen Atelier im Genfer Vorort Plan-les-Ouates ärgert sich der Mann, der zu den prominentesten Messermachern des Planeten gehört, deswegen gerade mächtig. Er hat eben vernommen, dass drei seiner berühmten Messer in New York für horrende Summen versteigert worden sind. Erstaunlich ist das nicht, der Genfer Handwerker Charles Roulin ist der Einzige der Welt, der auch auf Messerklingen ziselieren kann und so dreidimensionale Skulpturen hinkriegt.«Ein Roulin» ist ein verblüffendes Mjniaturkunstwerk. Da paradieren Elefanten unter Bäumen, Hirsche balzen im Wald, alles bis ins letzte Detail winzig in Griff oder Klinge geschnitzt. Viele wohlhabende Kunden sind schon schwach geworden beim Anblick eines der Messer, die mitunter mit einem Griff aus fein geschnitztem Mammut-Elfenbein versehen sind oder aus dem Material eines versteinerten Dinosauriers. Zum Beispiel ein Baron aus Frankreich, der mehrere Stücke orderte, um sie seinen Freunden zu schenken. Oder ein Milliardär aus den USA, der Roulin gleich über den Atlantik einlud. «Es gibt auch Leute mit bescheidenerem Einkommen unter meiner Kunden», sagt der Künstler. Ein Arbeiter habe sein Messer regelrecht abgestottert und monatlich 100 Franken einbezahlt, um so eines Tages sein Traumobjekt zu erhalten. Angesichts dieses Einsatzes war es Ehrensache für Roulin, dem Mann ein Messer zu übergeben, dessen Wert das zusammengesparte Geld bei weitem übertraf. Mindestens 5000 Franken muss man hinlegen, um «ein Roulin» zu bekommen. Dafür darf man aber auch die eine oder andere Extravaganz verlangen. «Ich habe schon das Chalet eines Klienten realisiert », amüsiert sich Roulin, «oder ein Velorennen.» Vor allem brauchen die Kunden Geduld, denn die Warteliste ist Da paradieren Elefanten, Hirsche balzen, alles bis ins letzte Detail in Griff oder Klinge geschnitzt. lang. «Ich bin für die nächsten drei Jahre ausgebucht», freut sich der Messermacher, der keine Sekunde lang an seine Pensionierung denkt. «Ich habe auch kein Lager, nicht einmal ein Messer für mich konnte ich bisher behalten.» Anderthalb Monate braucht er für ein einziges Stück, maximal zehn produziert er im Jahr. Er stellt sie nicht aufs Podest: «Meine Messer sind zum Brauchen da», sagt er. Kommt eines mit starken Spuren des Gebrauchs zurück, wird es von Roulin wieder perfekt restauriert. Auch das ist Ehrensache.